UN-Migrationspakt – eine SPD-Veranstaltung

Kirchzarten (de.) Wenige Wochen vor der Verabschiedung in Marrakesch am 10. Dezember 2018 geriet der UN-Migrationspakt in die Schlagzeilen, lanciert von Rechtspopulisten, die behaupteten, dass dieser Pakt eine Einladung an alle Flüchtlinge der Welt sei, nach Deutschland zu kommen. Mitglieder der SPD-Dreisamtal und der Arbeitsgemeinschaft für Migration und Vielfalt Breisgau waren bestürzt darüber, wie hoch die Wellen zu diesem Thema im Internet schlugen.
Der Oberrieder Eckart Schiewek ist SPD-Mitglied und arbeitet seit langen Jahren für die UNO in New York. Auch er verfolgte erstaunt, was in den deutschen Medien über den Migrationspakt geschrieben wurde. Als die Dreisamtäler und Breisgauer Genossen ihn fragten, ob er nicht über dieses Thema referieren wolle, willigte er gerne ein.
So konnten gut 60 Zuhörer Anfang Januar Informationen aus erster Hand bekommen und sich ein Bild davon machen, was tatsächlich im UN-Migrationspakt steht.

Klare Formulierungen

Ziel des UN-Migrationspaktes ist eine geordnete Migration – im Gegensatz zur illegalen. Schleusertum und Menschenhandel sollen bekämpft und Fluchtursachen minimiert werden. Der Pakt hat jedoch nicht nur Flüchtlinge im Blick.

Der Unterschied zwischen Migranten und Geflüchteten

Weltweit gibt es 250 Millionen Migranten; Menschen, die ihr Land aus unterschiedlichsten Gründen verlassen, um woanders zu leben und arbeiten. Das können sogenannte Gastarbeiter sein, Studenten, die im Ausland studieren oder Hochschulprofessoren, die in einem anderen Land bessere Forschungsbedingungen vorfinden.
Eine Untergruppe der Migranten sind Geflüchtete (weltweit 68 Millionen), die vor Krieg oder Verfolgung fliehen. Der Umgang mit ihnen ist über die Genfer Flüchtlingskonvention international geregelt. Für Migranten jedoch, die ihr Land aus anderen, oft wirtschaftlichen Gründen verlassen, gab es bis jetzt keine internationalen Regelungen, allenfalls bilaterale Verträge zwischen einzelnen Staaten.

Ein Ziel des UN-Migrationspakts ist es, hier einheitliche Regeln und Standards schaffen, damit die Menschenrechte und die Menschenwürde gewährleistet werden. So ist ein im Text genanntes Ziel die „Bewältigung und Minderung prekärer Situationen im Rahmen von Migration“. Eine konsequente Falschbehauptung von Rechtspopulisten sei in diesem Zusammenhang, so Schiewek, dass damit Anreize für Migranten geschaffen würden, in das Sozialsystem Deutschlands einzuwandern.
Diese Passage beziehe sich aber in erster Linie auf Länder wie Kuwait, wo pakistanischen Bauarbeiter auf Baustellen für die Fußball-WM wie Sklaven gehalten und ihre Pässe eingezogen werden.
Desweiteren geht es in dem Pakt darum, dass Migranten in Arbeit die gleichen Rechte und Bedingungen zugestanden werden wie allen anderen Arbeitern im Einwanderungsland auch und damit sei dies auch ein Pakt gegen Lohndumping,“ so Schiewek.

Inwieweit ist Deutschland betroffen?

Die meisten Standards, die der Pakt fordert, werden in Deutschland jetzt schon eingehalten. Auch ist Deutschland genaugenommen gar nicht so stark von Migration betroffen. Die 250 Millionen Migranten weltweit sind überwiegend Binnenflüchtlinge, die in Nachbarländer ausgewandert sind und dort oftmals unter schwierigen Bedingungen leben. Ziel des Pakts ist es, dass sie auch dort menschenwürdig leben und Perspektiven entwickeln können – was letztlich bedeutet, Fluchtursachen zu bekämpfen.
Handlungsbedarf besteht für Deutschland nach Meinung Schieweks beim Geld-Transfer. Viele Migranten, die im Deutschland arbeiten, schicken Geld an ihre Familien in den Herkunftsländern. Dieses Geld ist eine Art der Entwicklungshilfe, die direkt bei den Menschen ankommt und nicht im Sumpf von Bürokratie und Korruption versickert. Der Geld-Transfers läuft jedoch ausschließlich über private Anbieter, die willkürliche Gebühren für ihre Dienste verlangen und nicht kontrollierbar sind.
Ungeregelt sei auch die Übertragung von erworbenen Leistungsansprüchen über die Sozialversicherungen. Deshalb die Maßgabe, dass ihre Rente auch garantiert ist, wenn Migranten im Alter in ihr Herkunftsland zurückkehren.

Der UN-Migrationspakt wurde im Dezember von 152 Ländern verabschiedet. 24 Staaten haben sich der Abstimmung durch Abwesenheit entzogen, 12 sich enthalten. Gegen den Pakt stimmten die USA, Ungarn, Polen, Tschechien und Israel.

Der Pakt ist „nur“ eine politische Absichtserklärung, die Forderungen sind nicht rechtsverbindlich und einklagbar.

Für Markus Millen, SPD-Vorsitzender des OV Dreisamtal, ist es dennoch ein Signal, dass die UNO das Thema Migration in den Fokus genommen hat. Migration müsse möglich, aber geregelt sein. Was würde in Deutschland nicht mehr funktionieren, gäbe es keine Migranten? Der deutsche Straßenbau wäre ohne Migranten gar nicht mehr denkbar, so Millen. Auch Bernd Engesser, Vorsitzender der AG Migration und Vielfalt, betonte, dass die SPD sich für eine freie und weltoffene Gesellschaft einsetze und es ein Riesenfortschritt sei, dass der Bundestag endlich ein Einwanderungsgesetz für Deutschland beschlossen hätte, zwar mit vielen Mängeln, aber immerhin habe damit auch die CDU/CSU anerkannt: Deutschland ist ein Einwanderungsland.