Offener Brief

Sehr geehrte Frau Voßler,

ich möchte hier Ihren offenen Brief im Dreisamtäler vom 6.5.2020 kommentieren. Nicht, weil Sie mich darum gebeten haben, sondern, weil das Teil eines offenen demokratischen Dialoges ist. Ich begrüße Ihren Brief deshalb auch ausdrücklich, wenn auch meiner Meinung nach in manchen Punkten Kritik angebracht ist.

Ihr Titel soll die Aufmerksamkeit des Lesers erhöhen ist aber in Inhalt und Form leider nur populistisch. In einer demokratischen und politisch (relativ) gesunden Gesellschaft müssen sich die Bürger Sachen, Taten und Zustände gefallen lassen die nach den vereinbarten Gesetzen geschehen. Dies ist in Deutschland bisher auch der Fall in allen erlassenen Verordnungen der Bundes- und Landespolitik. Insofern müssen wir, wie immer, einfach nur die Gesetze befolgen. Wenn uns das nicht gefällt, müssen wir bei den nächsten Wahlen die richtige Partei wählen, Unterschriften sammeln und ggfs. sogar klagen um die gewünschten Änderungen zu erwirken. All das ist in einer gesunden Demokratie zulässig. Übrigens das obige Wort „relativ“ soll nur klarstellen, dass es keine perfekte Demokratie gibt seit dem altgriechischen Athen! Ich bin aber in sehr vielen Ländern beruflich (nicht nur als Tourist) gereist, um beurteilen zu können, dass die deutsche Staatsform einer der absolut besten auf der Welt ist und das manifestiert sich auch in dem Wohlstand, sozialen Frieden und solidarischen Wesen der deutschen Gesellschaft…..zumindest im Vergleich zu den meisten anderen Staaten.

Maske. Hier bin ich 100 % Ihrer Meinung. Seit 2012 gibt es einen Pandemie Plan, der alles beschreibt, was im Falle einer Pandemie zu tun ist, nur hat sich vorher keiner darum gekümmert. Zum Thema Maske gab es ein klägliches Theater, nur weil man nicht genug Masken hatte. Hier hätten man uns die Wahrheit sagen und sich sofort um Masken kümmern müssen. Wir haben unsere Masken Anfang Januar besorgt. Schon damals gab es genug Alarmsignale um für mehr Masken zu sorgen.

Zahlen der Grippewelle in Deutschland in 17/18: Ihre Zahlen sind aus dem Kontext und nicht in einem Vergleich mit Corona anwendbar. In 2018 hat es in Deutschland 10 Mio. (!!) Grippeinfektionen gegeben. Somit war die Sterblichkeitsrate 0,25%. Egal mit welcher Corona-Sterblichkeit wir hier rechnen ist die Zahl Faktor 4-20 (!!) höher. Interessant bei einer solchen hohen Anzahl von Infektionen wäre auch wer dann über Leben oder Tod entscheidet. DAS finde ich auch in einer funktionierenden Demokratie gefährlich und wir sollten es deshalb niemals soweit kommen lassen!!

Unsere Gesundheit. Ihre Beispiele sind hier valide, haben aber leider nichts in der Corona Diskussion zu suchen. In einer interessanten TV Diskussion meinte ein Teilnehmer, es sterben im Straßenverkehr 3.000 Bürger/Jahr. Wir können den Verkehr trotzdem nicht deshalb stoppen, sondern müssen wir uns darum kümmern, dass die Toten immer weniger werden, und das ist in Deutschland seit 30 Jahren der Fall, jedes Jahr. Dieser Teilnehmer hat dies übrigens als Argument für weitere Corona-Öffnungen erwähnt. Ihre Schlussfolgerung, dass es bei den Corona-Maßnahmen nicht um unsere Gesundheit geht ist nicht nur total haltlos, sondern im politischen Sinne Fake-News und deshalb in dieser Phase absolut kontraproduktiv!!

Nein zur Zensur. In anderen Ländern werden Medien beherrscht von Herren wie Trump oder Murdoch. Bei uns heißen diese Herren Springer, Burda usw. Diese Herren gibt es überall. Da spricht auch keiner von Zensur. In Deutschland gibt es Mainstream Medien und Medien die alles Mögliche schreiben und behaupten, aber definitiv keine Zensur. Ich weiß nicht wie Sie zu einer solchen Aussage kommen. Wenn man Aussagen gewisser Individuen mit validen Argumenten öffentlich auseinandernimmt, ist das keine Zensur. Vielleicht, weil ich Rentner bin und mehr Zeit habe, schaue ich mir öfters die abendlichen Diskussionsrunden an. Ich zumindest höre sehr viele kritische Stimmen und ordentlich argumentierten Meinungsaustausch!!….im Mainstream wie Markus Lanz o.ä. Wenn Sie möchten kann ich Ihnen die Links sehr kritischer Beiträge schicken.

Opposition. In einer Krise müssen alle zusammenhalten! Das ist leider nicht die Zeit für die Opposition. Da kann auch eine gute Opposition nicht einfach irgendetwas in der Krise „schwätzen“ um etwas gesagt zu haben. Manche Politiker tun leider genau dies und sie disqualifizieren sich meiner Meinung nach……und um klar zu sein, ich bin kein CDU Wähler! Öffentliche Meinungsumfragen bestätigen übrigens meine Aussage in erstaunlicher Weise!

Wo seid ihr? Es ist leider heuchlerisch, wenn Sie glauben, dass Sie sich mit Ihrem Artikel für überhaupt irgendjemanden einsetzen. Es gibt kein Land auf der Welt, das diese Krise so gut und mit so viel Geld zu regeln versucht wie Deutschland, gerade damit nicht viele Menschen alles verlieren und erst Recht keine Menschen unnötig wegen Corona sterben müssen. Wir leben hier in einer Oase der Glückseligen, immer noch!! Ich hoffe, dass Sie in den guten Zeiten als erfolgreiche Unternehmerin sehr viel Geld gespendet haben, denn das ist direkte Hilfe. Auch hoffe ich, dass Sie in der 2009 Krise auch berechtigte Artikel gegen den unverschämten Banken-Kapitalismus und das Monopol der Reichen geschrieben haben und immer noch z.B. gegen Waffenexporte in Krisenländer tun.
Zum Schluss möchte ich jedoch mein Eingangsstatement wiederholen, dass ich Ihren Brief aus Prinzip gut finde. Es tut mir leid, dass Sie mit den Regieanweisungen der Regierung nicht mehr einverstanden sind, denn ich verstehe nach Ihrem langen Brief den Grund immer noch nicht! Ich hoffe aber, dass Sie die kritischen Elemente meines Briefes respektieren, denn im Endeffekt habe ich Ihrem Aufruf gefolgt und nur meine Meinung kundgetan.

Mit freundlichen Grüßen und bleiben Sie gesund
Christos Psaridis