„Die große Dürre“

Wie geht es der Landwirtschaft im Dreisamtal?

Dürre im Dreisamtal
Der Wagensteigbach, entspringt in rund 1.050 m Höhe am Thurner und vereint sich bei Zarten mit dem Rotbach. Derzeit zeigt sich der Bach ab Burg am Wald nur noch als ausgetrocknetes Bachbett. Der Blick auf den Niederschlagsmesser gibt wenig Anlass zur Freude. Fotos: Rainer Bank

Dreisamtal (ch.) Der Blick in den morgendlichen Himmel über dem Dreisamtal verspricht wieder ein sonniger Tag zu werden. Für manche Bewohner des Dreisamtals jedoch ist dieser Blick in wolkenlose Höhe zur Zerreißprobe geworden. Als „schön“ können sie den klaren Himmel schon seit Wochen nicht mehr bezeichnen. Die Rede ist von den Landwirtinnen und Landwirten im und um das Dreisamtal – und weit darüber hinaus. „Ich liebe einen milden Herbst, die Verfärbung der Natur und den Sonnenschein, aber derzeit bereitet mir der fehlende Regen große Sorgen um die Zukunft!“, so Dorothea Mayer vom Jungbauernhof in Dietenbach.

Die Trockenheit des vergangenen Sommers setzte der Landwirtschaft extrem zu. War schon das Jahr 2015 geprägt von lang andauernder Trockenheit und Rekordhitze und bedeutete für Wald, Feldvegetation und Tiere erhöhten Stress, so brachte das Jahr 2016 nicht die erhoffte Erholung sondern versetzt die ansässigen Landwirtinnen und Landwirte erneut an den Rand der Verzweiflung. „Hundert Jahre früher hätten wir dieses Jahr als „Hungerjahr“ bezeichnet, mit verheerenden Auswirkungen für die Bewohner des Dreisamtals“, so Rainer Bank vom Thaddäushof in Kirchzarten. Wenn Bank auch nicht an Auswandern denkt, so hat er doch mit realen Existenzängsten zu kämpfen. Die Wohlfühltemperatur für Kühe liegt zwischen -15 und +15 Grad. Temperaturen über +30 Grad versetzt eine Milchkuh in erhöhten Stress. Die Folgen sind Milchausfall und die teilweise ausbleibende Fruchtbarkeit der Tiere.

Rainer Bank musste bereits 2015 seinen Tierbestand auf 25 Milchkühe reduzieren und wird in diesem Jahr nochmals 3 Tiere verkaufen müssen. Sein Gesamtschaden beziffert er mit einem fünfstelligen Betrag. Ähnliches berichtet auch Dorothea Mayer, „Durch die Trockenheit bin ich mehrfach geschädigt: finanzielle Einbußen durch weniger Milch, erhöhter Kostenaufwand durch Futterzukauf, nachhaltige Schäden an der Grasnarbe. Dazu kreisen meine Gedanken täglich um fehlendes Futter und Quellwasser, um die Gesundheit der Tiere, das geringe Einkommen…um unsere bedrohte Existenz. Eine enorme psychische Belastung“.

Das Frühjahr und speziell der Frühsommer wiederum waren geprägt von extremer Nässe, was eine geringere Wurzelbildung sowie eine Verdichtung des Bodens zur Folge hatte und teilweise auch zu einem verspäteten Grünlandschnitt führte. Die folgende Hochdruckwetterlage mit extrem wenig Niederschlag, führte zu einem Totalausfall der Grünlandbestände. Dadurch fehlt der dritte und vierte Schnitt des Grünlandes, was sich in vielen Betrieben im Dreisamtal katastrophal auf die Wintervorräte auswirkt, welche in diesem Jahr schon im August zur Fütterung kamen. Die derzeitige Wetterlage lässt ebenso Rudi Steinhart vom Urbershof in Zarten besorgt in die Zukunft blicken. „Da schon die Ernte im Jahr 2015 schlecht war und die Futtermittelvorräte aufgebraucht wurden, wird die Trockenheit 2016 zwangsläufig zu einer Reduzierung der Tierbestände führen. Ich mache mir für die Zukunft große Sorgen, da die Wetterextreme zunehmen und wir als Landwirte irgendwie damit klar kommen müssen“, so Steinhart.

Trotz Subventionen sehen die Landwirtinnen und Landwirte derzeit ihre Existenz am seidenen Faden hängen. Wasser ist Leben Verständlich, dass Worte wie „Das Wetter soll schlechter werden!“ oder „Es droht Regen!“ auf die Landwirtinnen und Landwirte wie eine Verhöhnung ihrer selbst und ihrer Hände Arbeit wirkt.

Wir Bewohner des Dreisamtals genießen hier die hohe Lebensqualität. Dass nicht zuletzt die – oftmals minder geschätzte – Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte uns diese schöne Landschaft beschert und erhält, sollte wieder mehr in unser Bewusstsein treten. Wasser ist Leben und vielleicht bekommt dieses kostbare Gut angesichts ausgetrockneter Bachläufe, vertrockneten Grünlandes und verzweifelter Landwirtinnen und Landwirte erneut einen besonderen Stellenwert. Allzeit fließendes Wasser beim Öffnen des Hahns ist durchaus keine Selbstverständlichkeit. Hoffen wir also auf schönes, frisches, lange andauerndes Regenwetter und freuen wir uns dann auf die darauf folgende Entspannung, auf die Gelegenheit zum Rückzug, auf die entstaubte und ionisierte Luft, auf beruhigende Regenspaziergänge, auf den Duft der nassen Landschaft und auf die aufatmende Natur.