Turbulente Veranstaltung zur Windkraft

Bürgerinitiative zum Schutz des Hochschwarzwalds e.V. hat eingeladen - aber nicht alle!

Auch das noch

Kirchzarten (de.) Es ist legitim, eine geschlossene Informationsveranstaltung zu organisieren und dazu Mandatsträger wie Bürgermeister, Gemeinde- und Ortschaftsräte einzuladen. Diese Veranstaltung vorher in der Presse anzukündigen und dann den Einlass zu beschränken mutet mehr als seltsam an, zumal die Intention nach Aussagen der Veranstalter war, aufklären zu wollen, weil die Öffentlichkeit nicht genügen informiert wäre.
Die anwesenden Mandatsträger auf jeden Fall waren nicht uninformiert, denn sie befassen sich seit fünf Jahren mit dem Teilflächennutzungsplan Windkraft und sind inhaltlich tief in die Thematik eingearbeitet. Am Schluss der Veranstaltung wurde von ihnen auch bemängelt, dass manche Referenten sich in Allgemeinplätzen ergingen, in weiten Teilen nichts Neues gebracht und Bekanntes wiederholt hätten. Auf die immer wieder angesprochenen Alternativen gingen sie erst auf wiederholtes Nachfragen ganz am Ende ein.
Argumente gegen Windkraft
Es waren vor allem drei Punkte, mit denen die Bürgerinitiative zum Schutz des Hochschwarzwalds gegen Windkraft argumentierte.
Der Physiker Professor Dr. Dietrich Kühlke versuchte darzulegen, dass Windkraft für die CO2-Bilanz nichts bringe. Aufgrund von Windrädern könne kein Kernkraftwerk abgeschaltet werden, da Windkraft nicht grundlast-tauglich sei. Die Tatsache, dass produzierter und abgenommener Strom sich zu jedem Zeitpunkt die Waage halten müssten, führe zu enormen Problemen im Netz, da Windkraft mal mit sehr hohen Spitzen Strom produziere und manchmal gar keinen. Moderne Gas-, Stein- oder Braunkohlekraftwerke müssten deshalb ständig reaktionsbereit sein, um auch bei Windmangel Strom-Bedarfs-Spitzen abdecken zu können. So würden sie in einem ineffizienten Modus fahren und mehr CO2 als nötig produzieren.
Dr. Werner Roos führte aus, dass der durch Windräder entstehende Infraschall gesundheitsschädigend sei. Durch unzählige weltweit durchgeführte Studien sei belegt, dass Infraschall zu Ohrdruck und Schwindel führen würde, Schlafstörungen, Erschöpfung, Depressivität, Angst- und Unsicherheitsgefühle seien ebenfalls nachgewiesen. Infraschall bedeute für den menschlichen Körper Stress und führe langfristig zu Bluthochdruck, einer Verminderung der Anpassungsfähigkeit des Herzen und damit zu einem erhöhten Herzinfarktrisiko. Er kritisierte die baden-württembergische Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz. Sie verharmlose den Infraschall und hätte Messungen durchgeführt, die nicht aussagekräftig seien, weil gar nicht im richtigen Hertz-Bereich gemessen worden wäre. Deshalb halte das Land auch – anders als in Bayern – an einem viel zu geringen Abstand der Windkraftanlagen zur Wohnbebauung fest.
Dr. Phillip Wolf warf der Landesregierung die systematische Unterhöhlung des Natur- und Artenschutzes vor, selbst EU-Recht würde für den Bau von Windkraftanlagen ausgehebelt. Die Rolle von Naturschutzverbänden müsse zudem kritisch gesehen werden. Verzichten sie auf Widerspruch im Planungsverfahren, weil sie Nutznießer sind? Für jeden Eingriff in die Natur müssen
ökologische Ausgleichsmaßnahmen realisiert werden. Die Gelder dafür kommen oftmals den Naturschutzverbänden zugute. Sein Fazit: Im Planungsverfahren für Windkraftanlagen habe die Natur keine Lobby mehr.
Was ist nun die Alternative?
Die Bürgerinitiative zum Schutz des Hochschwarzwalds fordert, dass die Energiewende nicht nur als Stromwende gesehen wird, sondern als Gesamtenergiewende für die endlich auch die Bereiche Verkehr und Hausbrand mit einbezogen werden müssten. Moderne innovative Quartierskonzepte in der Schweiz hätten den Energieverbrauch um 80 % gesenkt und eine CO2-Reduzierung von 91 % erzielt – dies mit einem intelligenten Mix verschiedener Energiearten, unter anderem Geo- und Solarthermie.
Gemeindeverwaltungsverband Dreisamtal
Bürgermeister Andreas Hall war als Verbandsvorsitzender des Gemeindeverwaltungsverbands Dreisamtal ebenfalls bei der Veranstaltung. Gegenüber dem Dreisamtäler betonte er, dass es der politische Wille aller Gemeinderäte des Verwaltungsverbands sei, der Windkraft auf der Fläche des Verwaltungsverbandes substantiellen Raum zu schaffen. Er betonte aber: „Nur weil wir das wollen, hebeln wir kein Recht aus!“
Der Stand des Verfahrens
Das Verfahren „Teilflächennutzungsplan Windkraft“ läuft schon seit über fünf Jahren. Dieses Verfahren ist gesetzlich vorgeschrieben und prüft, ob alle rechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Anfänglich waren auf der Verbandsfläche sechsundzwanzig Standorte anvisiert, von denen viele aufgrund harter Kriterien – Landschaftsschutz oder Naturschutzgebiet – sofort rausfielen. Man einigte sich im Verband darauf, für acht als geeignet erscheinende Flächen Detailuntersuchungen durchzuführen. Sie waren die Grundlage für die im November 2014 beschlossene Offenlage mit den drei Standorten Streckereck, Flaunser und Brombergkopf. Zuvor fanden vorgezogene Bürgerbeteiligungen statt, bei denen die Bürger die Möglichkeit hatten, Bedenken und Anregungen vorzubringen.
Während der Offenlage hatten Bürger und Naturschutzverbände wiederum die Möglichkeit, Anregungen und Bedenken vorzubringen. Davon machte die Bürgerinitiative zum Schutz des Hochschwarzwaldes auch Gebrauch.
Nach Auskunft von Andreas Hall arbeiten die Behörden seither die Bedenken und Anregungen Punkt für Punkt ab, auch die der Bürgerinitiative. Es werde geprüft, ob die geplanten Standorte im Einklang mit dem bestehenden Recht sind.
Hall erwartet die erneute und überarbeitete Offenlage im Lauf des Jahres 2017. Das Verfahren dauerte deshalb so lange, weil das Ergebnis wasserdicht sein und Bestand haben müsse, wenn geklagt werde – wovon auszugehen sei.